„Das Weltall: Du lebst darin – entdecke es!“
Bei klarem Himmel können wir ungefähr 6000 Sterne mit den Augen, ohne Hilfe eines Teleskops, erkennen. Unendlich viele mehr sind es.
Bis zur Erfindung von Geräten zur Positionsbestimmung waren die Sterne und Planeten die einzige Orientierungsmöglichkeit bei Nacht. Gleichzeitig war der Blick zum Himmel immer auch mit den Ängsten, Hoffnungen und Sehnsüchten der Menschen verknüpft. Kosmische Ereignisse wurden als Zeichen, Warnungen und Botschaften der Götter verstanden. Das Auftauchen eines Sterns kündigte zum Beispiel auch die Geburt eines Kindes an, das später zum Begründer einer Weltreligion werden sollte. Das Wort von der Sternstunde der Menschheit wird gerne für die großen Fortschritte oder außergewöhnlichen Ereignisse in der Menschheitsgeschichte herangezogen, Stefan Zweig hat es zu seiner großartigen Novellensammlung (‚Sternstunden der Menschheit’) inspiriert. Und Per aspera ad astra – über Raues zu den Sternen – hieß es schon in der Antike und meint damit die Anstrengungen und den Einsatz, den es erfordert bis man zum Ziel gelangt. Über viel Forschungsarbeit und technische Entwicklung war es dann im Juli 1969 Wirklichkeit geworden auch ins All zu reisen und erste Schritte auf dem Mond zu unternehmen – ein kleiner Schritt für einen Astronauten, ein großer Schritt für die Menschheit!
Bis dahin war es ein weiter Weg.
Der Weltraum – unendliche Weiten… Wir schreiben das Jahr 1609:
Mit der brandaktuellen Erfindung aus den Niederlanden, dem Teleskop, macht der italienische Mathematiker und Astronom Galileo Galilei die Entdeckung vom Lauf der Planeten. Nicht die Erde ist Zentrum des Alls, vielmehr dreht sie sich als einer von weiteren Planeten um die Sonne! Damit stellt er die allgemein gültige Vorstellung vom geozentrischen Weltbild endgültig auf den Kopf.
Im selben Jahr 1609 publizierte der vielseitige Johannes Kepler seine ‚Astronomia nova’, eines der bedeutendsten Bücher über das Sonnensystem, und stützt damit Galileis Überzeugung.
So neu was dies alles jedoch nicht. Bereits 1543 hatte Nikolaus Kopernikus sein Werk
‚De Revolutionibus Orbium Coelestium’ (‚Von den Umdrehungen der Himmelskörper’)
veröffentlicht. Schon darin beschrieb er die Erde als einen von weiteren Planeten und stellte die Sonne in den Mittelpunkt: Das neuzeitliche heliozentrische Weltbild war geboren. Kopernikus hingegen bezog sich wiederum auf antike „Forscher“ wie zum Beispiel den Astronomen und Mathematiker Aristarchos von Samos, der sich jedoch mit seinem Bild von den um die Sonne kreisenden Planeten nicht hatte durchsetzten können – ebenso wie Kopernikus. Mit dem eigenen Nachbau und der Weiterentwicklung des Teleskops konnte Galilei nun die eigenen Beobachtungen und die seines Kollegen Kepler stützen, hieb- und stichfest beweisen jedoch nicht. In den folgenden Jahren machte Galilei noch weitere wichtige astronomische und physikalische Entdeckungen, für die er hoch geehrt wurde.
Verantworten musste sich der Italiener dennoch 1616 vor dem kirchlichen Inquisitionsgericht und zustimmen, dass das Welt- und Himmelsbild von Kopernikus, und damit auch sein eigenes, lediglich eine Hypothese sei und keine unumstößliche Tatsache.
In den folgenden Jahrhunderten erweiterten und vervollständigten viele Forscher unser Wissen von den Planeten, den Sternen und dem All.
Das 400-jährige Jubiläum des so bedeutenden Jahres 1609 hat die ‚International Astronomical Union’ (IAU) und die UNESCO zum Anlass genommen, um an die Fortschritte und an die Bedeutung der Astronomie für die Menschheitsgeschichte zu erinnern.
Unter dem Motto „Das Weltall: Du lebst darin – entdecke es!“ haben die beiden Institutionen in Übereinstimmung das Jahr 2009 zum ‚International Year of Astronomy’ erklärt.
Die spannende Geschichte der Astronomie, aber auch die heutige Bedeutung und die aktuelle Forschung soll mit zahlreichen Veranstaltungen einem größeren Publikum vermittelt werden. Dazu gibt es ein umfangreiches überregionales und regionales Veranstaltungsprogramm:
Ein Highlight ist dabei eine Ausstellung im Gasometer Oberhausen. Das beeindruckende Industriedenkmal, erbaut Ende der 20er-Jahre, stillgelegt 1988 und einst Europas größter Scheibengasbehälter, ist seit seiner Umgestaltung 1993/94 Veranstaltungsort für Ausstellungen, Konzerte und Theater.
Vom 3. April an wird dort bis zum 31. März 2010 die Schau ‚Sternstunden – Wunder des Sonnensystems’ zu sehen sein. Nachbildungen des Planetensystems, im ca. 100 Meter hohen Innenraum, eine riesige Nachbildung des Mondes, bei dem alle Phasen demonstriert werden, faszinierende Aufnahmen aus dem All und zahlreiche astronomische Geräte von den Anfängen bis heute werden für einzigartige Eindrücke sorgen.
Ein zweiter Höhepunkt in Deutschland ist das zentrale Kulturfest auf dem Münsterplatz in Bonn am 27. Juni, von 14 bis 23 Uhr. Sonnenbeobachtung am Tag und Beobachtung von Mond und Saturn bei Dunkelheit und ein vielseitiges Bühnenprogramm mit Talk, Kabarett und klassischer Musik steht auf dem Programm. Weiterhin präsentieren sich viele Institutionen mit ihren Projekten und stehen dem Publikum zur Information zur Verfügung.
Vielleicht erhellt eine der zahlreichen Ausstellung und Veranstaltung ja unsere Vorstellung von Welt und All und das ein oder andere Erlebnis wird zu einer ganz persönlichen Sternstunde.
Stefan Schipper
www.astronomy2009.de
Buch-Tipps:
Stephan Cartier, Weltenbilder – Eine Kulturgeschichte des Himmels, Reclam Leipzig
Martin Carrier, Nikolaus Kopernikus, Verlag C.H. Beck
Bertolt Brecht, Leben des Galilei, Suhrkamp Verlag
Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit, Fischer Verlag
Musik-Tipp:
Gustav Holst, The Planets, Wiener Philharmoniker, H. von Karajan, DECCA