Kasimir Malewitsch gilt als einer der richtungweisenden Begründer der ungegenständlichen Kunst des 20. Jahrhunderts. Zwischen 1915 und 1932 entwickelte er eine Form abstrakter Malerei, die als Suprematismus bezeichnet wird. Mit dem „schwarzen Quadrat“ schuf er eine geometrische „Nullform“, die zusammen mit dem Kreis und dem Kreuz die Grundelemente der suprematischen Kunst bilden: reine , allgemein verständliche Formen, die unabhängig von der kulturellen oder ethischen Zugehörigkeit des Betrachters existieren.
Wie seine Zeitgenossen Piet Mondrian und Wassily Kandinsky entwarf auch Malewitsch eine künstlerische Utopie, die das säkulare Gegenstück zur religiösen Malerei wurde – und in seinem Fall darauf abzielte, die in Russland allgegenwärtige Ikone zu ersetzen -, indem er Werke schuf, die den Betrachter in einen höheren Bewusstseinszustand versetzen sollten.
Malewitschs künstlerische Definition des Suprematismus, bei der er vor allem das Medium der Zeichnung nutzte, entwickelte sich schnell weiter. Ende 1915 ging er von einer Ästhetik der statischen Komposition zu einem immer dynamischeren Ansatz über, um sowohl visuell verschiedene Emotionen, als auch eine mehrfache Dimensionalität zum Ausdruck zu bringen.
Bis 1917 kehrte Malewitsch jedoch zu seinem einfachen Vokabular zurück, das auf weniger konkreten Formen basierte. Es entstanden vor allem ätherisch wirkende Werke, die sich in einem imaginären Raum aufzulösen scheinen.
Andere Arbeiten dienten der ausführlichen Darstellung subtiler Transformationen, wie etwa Suprematismus [Konstruktion in Auflösung] und sein Meisterwerk Weißes Quadrat auf weißem Grund, das in den sechziger und siebziger Jahren eine ganze Generation von zeitgenössischen Künstlern in Europa und den USA inspirierte.
Der Suprematismus wurde von Malewitsch auch auf praktische, alltägliche Bereiche übertragen. In seinen Gipsstudien, den sogenannten Architektonen, versuchte er, diesen Stil als Mittel zur Herbeiführung eines gesellschaftlichen Wandels durch die radikale architektonische Form einzusetzen. Seine Auseinandersetzung mit politischer Kunst zielte auf eine Unterstützung der neuen politischen Realität, ohne jedoch der eigenen Ästhetik untreu zu werden.
Doch im wesentlichen blieb Malewitsch ein Maler, der sich ganz dem Spirituellen in der Kunst verschrieben hatte. Dieses Festhalten am Metaphysischen in Zeiten des totalitären gesellschaftlichen Umbruchs, der sich auch immer stärker auf die Kunst auswirkte, führte schließlich zu Malewitschs Isolation von der vorherrschenden künstlerischen Avantgarde in Russland. Gegen Ende der zwanziger Jahre übertrug Malewitsch als Konsequenz dieser Verhältnisse den Suprematismus auf eine Auseinandersetzung mit der Figur, bis er diesen Stil 1932 zugunsten einer von der Renaissance geprägten Portraitkunst ganz aufgab.